Gesetz betreffend Ablösung von Dienstbarkeiten
                            215.21  Gesetz betreffend Ablösung von Dienstbarkeiten  v  om 21. Juni 1900  1)  Der Kantonsrat des Kantons Zug,  in Vollziehung von § 16 der Kantonsverfassung  2)  ,  beschliesst:  I. Allgemeine Bestimmungen  § 1  1  Sämtliche  die  Land-  und  Forstwirtschaft  hemmenden  Dienstbarkeiten  sind von Seite des belasteten Grundeigentümers ablösbar.  2  In  Fällen  von  §  17  des  kantonalen  Forstgesetzes  3)  kann  die  Ablösung  auch vom Kantonsforstamte  4)  ve  rlangt werden.  § 2  5)  1  Im Sinne dieses Gesetzes sind ferner ablösbar jene besondere hypothe-  karische Pfandobjekte darstellenden Nutzungsarten wie solche noch in ein-  zelnen Gemeinden in der Form von Atzungs-, Mäh-, Holzungsrechten usw.  bestehen.  1)  GS 8, 249 (SH III, 147). – Verschiedene, dem ehemaligen Privatrechtlichen Gesetzbuch für den Kanton Zug  entstammende Bezeichnungen – Hypothekarkanzlei, Hypothekargläubiger, Hypothekenbücher usw. – sind  hier durch die entsprechenden Bezeichnungen des ZGB – Grundbuchamt, Grundpfandgläubiger, Grundbuch  usw. – ersetzt worden.  2)  BGS 111.1  3)  Fo  rstgesetz für den Kanton Zug vom 17. März 1881 (GS 6, 249); heute ersetzt durch das Forstgesetz für den  Kanton Zug vom 16. Jan. 1908 (BGS 931.1); § 17 des Forstgesetzes von 1881 entsprechen die §§ 11 Abs.  4, 29 und 30 des Forstgesetzes von 1908 (vgl. Art. 21 und 27 des BG vom 11. Okt. 1902 betr. die eidg. Ober-  aufsicht über die Forstpolizei – SR 921.0).  4)  Heute: kantonales Forstamt (§ 14 Ziff. 2 des G vom 10. April 1967 über die Organisation der Staatsverwal-  tung – BGS 153.1).  5)  Vgl. Art. 736 ZGB.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            215.21  2  In  diesen  Fällen  steht  dem  Besitzer  der  einen  höhern  volkswirtschaft-  lichen  Wert  darstellenden  Nutzungsart  gegenüber  dem  Eigentümer  des  an-  dern Nutzungsrechtes die Berechtigung zum Auskaufe des letztern zu.  3  Das Auskaufsverfahren richtet sich ebenfalls nach Massgabe der folgen-  den Bestimmungen, wobei dem Inhaber der volkswirtschaftlich einen höhern  We  rt darstellenden Nutzungsart die gleichen Befugnisse wie dem belasteten  Grundeigentümer zustehen und umgekehrt dem Besitzer der volkswirtschaft-  lich den mindern Wert darstellenden Nutzungsart jene des Servitutenberech-  tigten.  § 3  Dehnt sich eine Dienstbarkeit auf mehrere Grundstücke aus, so ist auf Ver-  langen  des  Servitutberechtigten  das  Loskaufsbegehren  der  Mehrzahl  der  Grundeigentümer  oder  des  Eigentümers  des  grössern  Teils  der  belasteten  Grundstücke für alle verbindlich.  § 4  Die Dienstbarkeiten können entweder mit einer dem Werte entsprechen-  den Geldsumme oder mittelst Abtretung eines ihrem Werte gleichkommen-  den  Teiles  der  belasteten  Liegenschaft  abgelöst  werden, in  welch  letzterem  F  alle über den Umfang des abzutretenden Landes ein genauer Liegenschafts-  beschrieb (Flächeninhalt und Anstösse) zum Grundbuch- und Vermessungs-  amt  1)  einzureichen ist.  § 5  Die Wahl der Loskaufsart steht im Allgemeinen dem Eigentümer des be-  lasteten Grundstückes zu. Kann aber ein Nutzungsrecht nicht ohne wesent-  lichen Nachteil für die berechtigte Person der Liegenschaft mit einer Geld-  summe abgelöst werden, so kann der Berechtigte einen entsprechenden Teil  der Liegenschaft zu Eigentum verlangen.  § 6  W  enn in gerichtlichem oder aussergerichtlichem Verfahren der Kantons-  förster als Sachverständiger zugezogen wird, so hat sich derselbe der Aufga-  be von Amts wegen, d. h. ohne Entschädigungspflicht von Seite der Parteien  zu unterziehen.  1)  F  assung gemäss Änderung vom 29. Aug. 2006 (GS 28, 779); in Kraft am 1. Jan. 2007.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            II. Verfahren bei Ablösung von Dienstbarkeiten  a) Aussergerichtliches Verfahren  § 7  1  Begehren  um  Ablösung  von  Dienstbarkeiten  sind  schriftlich  an  das  Grundbuch- und Vermessungsamt  1)  zu richten.  2  Ist  zwischen  den  Parteien  schon  ein  Loskaufsvertrag  zustande  gekom-  men, so ist derselbe samt der allfälligen Loskaufsumme gleichzeitig mit dem  Ablösungsbegehren  auf  dem  Grundbuch-  und  Vermessungsamt  1)  einzurei-  chen.  § 8  1  Besteht noch kein solcher Vertrag, so wird das Grundbuch- und Vermes-  sungsamt  1)  unverzüglich die Servitutberechtigten, im Falle von § 1 Abs. 2 und  v  on § 3 auch die Servitutbelasteten, vom Ablösungsbegehren mittels einge-  schriebener  Briefe  in  Kenntnis  setzen  und  zwar  mit  der  Aufforderung, sich  ihm gegenüber innert 14 Tagen zu erklären, ob und aus welchen Gründen sie  die Pflicht zur Ablösung bestreiten. Erfolgt keine Bestreitung, so wird Aner-  k  ennung der Ablösungspflicht gefolgert.  2  Können nicht alle Servitutberechtigten und Verpflichteten ausgemittelt  werden, so wird das Grundbuch- und Vermessungsamt  1)  solche durch einen  öffentlichen  Aufruf  auffordern,  ihre  allfälligen  An-  und  Einsprachen,  bei  Rechtsverlust, innert 14 Tagen einzureichen.  § 9  In  Fällen  wo  die  Eigentumsfrage  nicht  streitig, dagegen  die  Ablösungs-  pflicht widersprochen ist, entscheidet über letztere der Regierungsrat.  § 10  1  Nachdem die Ablösungspflicht anerkannt oder vom Regierungsrate be-  jaht ist, setzt das Grundbuch- und Vermessungsamt  1)  mittels eingeschriebener  Briefe den Parteien, sofern nicht schon eine Einigung im Sinne von § 7 Abs.  2 erfolgt ist, eine Frist von 4 Wochen, um sich über die Art und Weise und die  Grösse der Ablösung gütlich zu verständigen.  2  Ko  mmt eine Einigung zustande, so ist der daherige Vertrag nebst der all-  fälligen Loskaufsumme auf dem Grundbuch- und Vermessungsamt  1)  zu depo-  nieren.  1)  F  assung gemäss Änderung vom 29. Aug. 2006 (GS 28, 779); in Kraft am 1. Jan. 2007.  215.21
                        
                        
                    
                    
                    
                § 11 In den Fällen, wo sich die Parteien über die Höhe der Loskaufsumme oder die Teilung des belasteten Grundstückes gütlich geeinigt haben, gibt das Grundbuch- und Vermessungsamt 1)
                            den  allfälligen  Drittinteressenten  durch  das Amtsblatt davon Kenntnis, mit der Aufforderung, ihm eine allfällige Ein-  sprache gegen die Grösse des Loskaufbetrages (Loskaufsumme, zugeteiltes  Grundstück) innert 14 Tagen  2)  schriftlich einzureichen, ansonst Zustimmung  gefolgert werde.  § 12  Sofern ein Grundpfandgläubiger gegen die Höhe der Loskaufsumme oder  die Teilung des belasteten Grundstückes Einsprache erhebt, so kann er gegen  Erlegung von Kapital und Zins auf dem Grundbuch- und Vermessungsamt  1)  durch das letztere zur sofortigen Abgabe der Gült angehalten werden, welche  ungeschlissen in das Eigentum desjenigen übergeht, welcher den Barwert da-  für erlegt hat.  b) Gerichtliches Verfahren  § 13  1  Wi  rd die Pflicht zur Ablösung verneint, weil die Eigentumsverhältnisse  bestritten sind (§ 8), oder kommt innert der Frist von 4 Wochen keine Eini-  gung zustande (§ 10) oder erhebt ein Drittinteressierter Einsprache (§ 11), so  übermittelt das Grundbuch- und Vermessungsamt  1)  die Akten dem Präsiden-  ten des Kantonsgerichtes.  2  Für jeden übermittelten Fall legt die Gerichtskanzlei ein eigenes Akten-  heft an.  § 14  1  Der  Kantonsgerichtspräsident  oder  ein  von  ihm  bezeichnetes  Mitglied  des Kantonsgerichtes fordert die Parteien auf, ihre Rechtsansprüche schrift-  lich mit den Beweismitteln versehen, innert einer zu bestimmenden Frist der  Gerichtskanzlei einzureichen.  2  Gleichzeitig wird allfälligen Drittinteressenten mittels zweimaliger Pub-  likation  im  Amtsblatt  Gelegenheit  gegeben, innert  14  Tagen  über  die  Höhe  der Loskaufsumme oder die Teilung des Grundstückes ihre schriftlichen An-  bringen zu machen, eventuell als Partei in den Prozess einzutreten.  § 15  Der Referent wird sodann auf dem Wege des amtlichen Untersuches die  Pa  rteien, eventuell Interessenten – jedoch ohne Zulassung von Anwälten per-  sönlich einvernehmen und die bestrittenen Tatsachen durch Einziehung amt-  1)  F  assung gemäss Änderung vom 29. Aug. 2006 (GS 28, 779); in Kraft am 1. Jan. 2007.  2)  Heute innert 20 Tagen (§ 36 VRG).  215.21
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            licher Berichte, Beibringung bezüglicher Urkunden, Abhörung von Zeugen,  nötigenfalls durch Augenscheine und Expertise zu erheben suchen, überhaupt  alle jene Verfügungen treffen, welche über die Sache Aufklärung zu geben ge-  eignet sind.  § 16  Allfällige Begehren um Aktenvervollständigung, sei es durch Zeugen, Ur-  kunden, gerichtliche Augenscheine, Expertise oder anderweitige Beweismit-  tel, haben die Parteien mittels schriftlicher Eingaben beim Referenten zu stel-  len, welcher die Beweisanträge der Parteien nach freiem Ermessen würdigt.  § 17  1  Gegen  jede  Verfügung  oder  Rechtsverweigerung  des  Referenten  steht  den  Parteien  jederzeit  das  Recht  der  schriftlichen  Beschwerdeführung  ans  Kantonsgericht offen, welches ohne Parteiverhandlung darüber entscheidet.  2  Dieser Bescheid kann nur mit der Hauptsache an die Appellationsinstanz  gezogen werden.  § 18  Der  Referent  ist  in  jedem  Stadium  des  Untersuches  berechtigt, Vermitt-  lungsversuche  anzustreben.  Kommt  kein  Vergleich  zustande, so  dürfen  aus  den  bezüglichen  Unterhandlungen  für  keine  Partei  irgendwelche  Vor-  oder  Nachteile abgeleitet werden.  § 19  K  ommt kein Vergleich zustande und sind die Akten spruchreif, so erklärt  der Referent Schluss des Untersuches; dieser Entscheid ist den Parteien durch  die Gerichtskanzlei mitzuteilen mit der Einladung, allfällige Ergänzung der  Beweismittel innert 10 Tagen zu machen. Nachher wird das Aktenheft dem  Gerichtspräsidenten  übergeben  behufs  Anordnung  eines  allfälligen  Augen-  scheines  und  der  mündlichen  Schlussverhandlung, wobei  sich  die  Parteien  durch  Anwälte  vertreten  lassen  können.  Vom  Erlass  der  Gerichtszitation  an  stehen die Akten den Parteien zur Einsicht auf der Gerichtskanzlei.  § 20  1  Bei der Schlussverhandlung ist jeder der Parteien nur ein Vortrag gestat-  tet; das Gericht bestimmt auf Antrag des Referenten die Parteistellung.  2  Allfällige  Begehren  der  Parteien  um  Aktenvervollständigung  und  Be-  weisbescheide sind womöglich mit der Hauptsache zu verbinden. Dem Ge-  richte  steht  es  indessen  frei,  von  sich  aus  Ergänzungen  der  Beweismittel  durch den Referenten zu beschliessen. Ist eine Partei nicht erschienen, so wird  einfach auf Grundlage der Akten geurteilt.  215.21
                        
                        
                    
                    
                    
                § 21 1)
                            1  In appellablen Fällen (§ 56 der Verfassung  2)  ) steht den Parteien innert 10  Ta  gen vom Empfange des Urteils an gerechnet, das Rekursrecht an das Ober-  gericht zu.  2  Es findet das gleiche Verfahren statt wie beim Kantonsgericht. Begehren  um  Ober-Augenschein  und  neue  Expertise  sind  zugleich  mit  der  Appella-  tionserklärung schriftlich zu stellen.  3  Wi  rd eine Ergänzung der Akten beschlossen, so wird solche, ohne Rück-  weisung an die untere Instanz, durch den Referenten des Obergerichtes vor-  genommen.  § 22  Gegen die gerichtlichen Urteile sind die Rechtsmittel der Kassation und  Revision gemäss Zivilprozessordnung  3)  zulässig.  § 23  1  Das gleiche ausserordentliche Prozessverfahren (§§ 13 –21) findet auch  dann statt, wenn zwischen den Parteien die Frage streitig ist, welcher von ih-  nen am belasteten Grundstücke das Eigentumsrecht zustehe.  2  Mit dieser Streitfrage wird sowohl die Frage über die Ablösungspflicht  als diejenige über die Art der Ablösung und die Grösse der Entschädigung,  sowie  die  Regelung  anderweitiger  einschlagender  Rechtsverhältnisse,  z.B.  Hagpflicht, verbunden.  § 24  Die in Rechtskraft erwachsenen Urteile sind von der Gerichtskanzlei an  das Grundbuch- und Vermessungsamt  4)  zu übermitteln.  § 25  1  Das Grundbuch- und Vermessungsamt  4)  fordert hierauf in den Fällen, wo  das Urteil auf Bezahlung einer Geldsumme lautet, den Loskäufer auf, innert  14 Tagen dieselbe bei ihm zu deponieren.  2  Erfolgt dies nicht, so ist der Ablösungspflichtige (in den Fällen von § 1  Alinea 2 auch der Kanton) berechtigt, den Betrag betreibungsrechtlich einzu-  bringen.  1)  Vgl. §§ 200 ff. ZPO.  2)  BGS 111.1, § 56 KV bezog sich in seiner ursprünglichen Fassung auf die Entscheidungskompetenzen des  Kantonsgerichts; in seiner heutigen Fassung vom 22. Juli 1940 bezieht sich § 56 KV auf die Jugendstraf-  rechtspflege.  3)  Heute  die  Rechtsmittel  der  Beschwerde  und  der  Wiederaufnahme  des  Verfahrens  gemäss  §§  208  ff.  und  215 ff. ZPO.  4)  F  assung gemäss Änderung vom 29. Aug. 2006 (GS 28, 779); in Kraft am 1. Jan. 2007.  215.21
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            III. Bereinigung der Hypothekenbücher  §§ 26 –33  1)  IV. Gebührentarif  § 34  1  Die Kosten des aussergerichtlichen Loskaufes werden vom Ablösenden  getragen, sofern  nicht  zwischen  den  Parteien  eine  andere  Vereinbarung  ge-  troffen worden ist.  2  K  ommt die Angelegenheit vor Gericht, so entscheidet der Richter über  die  Tragung  der  aussergerichtlichen  und  gerichtlichen  Kosten  (§§  14 –23),  w  ofür der Ablösende eine entsprechende Kaution zu leisten hat, nach freiem  Ermessen. Immerhin haftet der Ablösende, welchem das Regressrecht auf den  Losgekauften zusteht, dem Staate für alle Kosten.  § 35  1  Das  Grundbuch-  und  Vermessungsamt  2)  bezieht  für  die  Eintragung  der  Loskaufverträge keine Gebühren.  2  We  rden bei der Bereinigung zum Zwecke der Verhütung von Überzei-  gungen neue Gülten angefertigt, so soll dafür nur  1  ⁄  6  der gesetzlichen Taxe er-  hoben  werden.  Erfolgt  die  Bereinigung  dagegen  durch  Transfixe, so  ist  die  Ta  xe   von 30 Rp. pro Gült zu entrichten.  § 36  3)  V.   Schlussbestimmung  § 37  1  Vo  rstehendes Gesetz tritt – vorbehältlich der Volksabstimmung im Sin-  ne von § 34 der Verfassung – sofort in Kraft. Die §§ 26 –35 finden, soweit sol-  ches noch erforderlich, auch Anwendung für die bereits dem Grundbuch- und  Ve  rmessungsamt  2)  eingegebenen, aber noch nicht bereinigten Loskaufverträ-  ge.  1)  Materiell aufgehoben; massgebend sind heute die Art. 942 ff. ZGB über das Grundbuch und die weiteren  einschlägigen Erlasse des Bundes und des Kantons.  2)  F  assung gemäss Änderung vom 29. Aug. 2006 (GS 28, 779); in Kraft am 1. Jan. 2007.  3)  Materiell aufgehoben durch die V vom 24. Dez. 1940 über die gerichtlichen Gebühren und Entschädigun-  gen bei Zivilprozessen (BGS 222.2).  215.21
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Gleichzeitig  wird  die  Verordnung  betreffend  Ablösung  der  Servitute  v  om 10. November 1884  1)  als aufgehoben erklärt. Ebenso treten ausser Kraft  alle übrigen den vorstehenden Bestimmungen widersprechenden Vorschriften  der Gesetzgebung.  3  Die Frage der Ablösung der Wegrechte wird durch dieses Gesetz nicht  berührt.  4  Der Regierungsrat ist mit der Vollziehung des Gesetzes beauftragt.  1)  GS 7, 23  215.21