Joh. Rudolf Marty-Stiftung
                            IV E/3  Joh. Rudolf Marty-Stiftung  Vom 7. Dezember 1807 (Stand 7. Dezember 1807)  Wortlaut der Stiftung  Der   Inhalt   der   Stiftungsurkunde   ist   folgender:   «Bestimmung   eines   Schul-  Fond   für   den   Canton   Clarus,   gewiedmet   von   Johann   Rudolf   Marty,   zum  Andenken an Sein Theures Vaterland.  Anno 1807 den 10.  July, war dieser Betrag Neunhundert Ein & Vierzig Gulden  und 43 Sch., bestehend bei Herren A. & J. H. Schindler mit 4½% jährlichem  Zins.  Da   dieses   Geld   in   der   Zeit   von   Noth   für   Unglückliche  gesammelt   war,   so  möge es einst für unsere stäte Nachkommen zum Segen und vollsten Nuzen  verwandt werden.  Ziff.  1
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1  Soll dieser Fond unter öfentlicher Autorität von 4 Mitgliedern stehen, als
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            a.  dem yedesmaligen President oder J. F. Hochgeachten Herr Land  -  ammann,
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            b.  demyenigen Geistlichen im Land, dem die Erziehung der Jugend  besonders am Herzen ligt,
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            c.  dem Gemeinde-Vorsteher oder Tagwenvogt zu Glarus,
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            d.  nur u. nach meinem Tode, dem nächsten Anverwandten.  Ziff.  2
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1  Dieses Comittée sorget für die Sicherheit des Capitals, das  120 Jahre auf  Renten   bleiben   soll,   wo   es   alsdann   nach   beygefügter   Ausrechnung  F.  177'286.31  betragen muss, wovon  nie mehr als 4½% Zinsen genohmen  werden sollen, um es recht sicher unterzubringen, auch an Niemand mehr,  wie  F.  5000   auf  Zins  gelassen  werden,  damit   jeder   Ehrliche   Mann  Genuss  davon hat, daher soll es nur an solche Kaufleute und Bauern gegeben wer  -  den, deren Vermögen sowohl als Ihr moralischer Werth u. Fleiss anerkannt  ist, und by denen man bestimmt auf die grösste Sicherheit und pünktliche  Zahlung der Zinsen rechnen kann.  Ziff.  3
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1  Anno 1924 müssen die Zinsen über F.  7977 betragen, von diesen werden  alsdann F.  4000 verwendet, das übrige so lange zum Capital geschlagen, bis  die Zinsen über 9/m F. betragen, davon denn jährlich 5/m F. so lange ver  -  wendet,  bis  die  Zinsen   12/m  F.  betragen,  und in  diesem  Verhältnis immer  fortgefahren,   damit   für   die   Nachkommen   immer   mehr   gesorgt   und   daher  auch mehr verwendet werden kann.  LB 5 324  1
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            IV E/3  Ziff.  4
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1  Von diesem Zins-Ertrag soll alsdann die Comittée, den zweckvollsten und  gewissenhaftesten Gebrauch in der Art machen, nemlich aus allen Schulen  im   Land  ohne   Ausname   der   Religion,   diejenigen   Kinder   von   Armen   Eltern  (weil die Reichen die Ihrigen auf eigene Kosten können erziehen lassen) zu  wählen,  welche  Zeugnis  Ihres  auszeichnenden   Fleiss   haben   und   grössere  Anlagen Verraten, diese alsdann in bessern, höhern Schulen, für Ihre künfti  -  ge Bestimmung ausbilden zu lassen, sey es in der Landwirtschaft, Gelehrte,  Militair, Künstler, Kaufmann, wozu die Knaben am meisten Neigung u. Genie  haben, natürlich am besten, wenn dergleichen Ausbildungsanstalten selbst  im Lande wären, da dies aber schwerlich je erreicht werden kann, müssen  solche die höhern Schulen im Auslande besuchen, die für eines jeden sein  Fach, wo Er am sichersten sich mit der Wissenschaft bereichern kan, am be  -  rühmtesten   sind,   deshalb   vorher   die   Kosten   überschlagen   u.   darnach   die  Anzahl von Knaben bestimmt und gewählt werden können; diese Zöglinge  geniessen allen Unterricht, so lange Ihr Fleiss u. moralische  Führung  aus  -  dauernd ist, ohne die geringsten Kosten, jedoch wird es Ihnen nach vollen  -  deten Studien zur Pflicht gemacht, wenn Sie einst Ihr Glück machen, an die  -  ses Stift eine Abgabe zu entrichten, je nachdem es Ihre Umstände erlauben,  u. Ihr gutes Herz es freywillig thut, um durch solche Beyträge es für Ihre är  -  mere Nachkommen zu vergrössern und zu verbessern, da nichts in der Welt  stillstehen, sondern immer fortschreiten u. veredelt werden soll.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Die   yedesmalige   Comités   verwahrt   die   Obligations,   führt   Buch   u.   Rech  -  nung, legt seiner Zeit, wenn die Verwendung statt hat, der hohen Obrigkeit  jährlich von der Verwaltung Bericht ab u. theilt diese Entwürfe, die er zum  wohl genohmen hat, mit, vom Geistlichen wird über jeden Zögling über sein  intelligenten sowohl als moralischen Zustandes besonders Notize gehalten,  um über beydes Bericht zu geben und durch diese Wachsamkeit auch Nut  -  zen für andere u. guten Beyspielen zu gründen, u. um einst dem Publicum  von jedem Zögling seine angefangene und vollendete Laufbahn vor Augen  zu legen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            IV E/3
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3  Die guten Töchtern sollen von dieser Stiftung keineswegs ausgeschlossen  werden, da Sie jedoch der wissenschaftlichen Ausbildung nicht in solchem  Grad bedürfen, so soll doch für dieyenigen Armen Töchtern, welche sich in  den  Schulen   durch besondern  Fleiss,  Armuth,  Tugend  und  Verdienst  aus  -  zeichnen, nach Massgabe der Zeitumstände für Ihre feinere Ausbildung ge  -  sorgt werden und für yedry solche Arme, aber verdienstvolle Tochter Drey  Louis-d’or für Sie verwahrt, u. wenn Sie alsdenn verheuratet, Ihr diese am  Hochzeitstage von der Committée zugesandt werden, sowie denn aber noch  so viel bei der Geburt des ersten Kindes; damit die gute Mutter durch diese  kleine Aufmerksamkeit aufgefordert wird, auch Ihren Kindern einst die ach  -  tungswerten Tugenden zu empfehlen. Da dieser Zweck einzig für grössere  Ausbildung und nur für den armen Teil sein soll, um Anlagen, Verdienst u.  Tugend zu befördern, werden die Nachkommen die besten Mittel nach ye  -  desmaligen Zeit-Umständen  wählen, damit die  Absicht  ganz erreicht wird,  wozu Ihnen die heiligste Pflicht auffordert, damit wir uns alle einst vor Gott!  darüber   freuen,   dass   dieser   Noth-Pfenning   für   manchen   zum   Glückselig  -  keits-Pfennig emporgewachsen ist, und Gottes Segen und Gedeihen darauf  ruhe!!  Riga, den 7. Dezember 1807.  sig. Johann Rudolf Marty.  3